Nachdem wir im letzten Jahr (2019) Im WDR einen Bericht über die Schlei gesehen hatten, war klar, da müssen wir hin. Insbesondere, um auf der Lotseninsel in der Giftbude zu speisen.
Als Schleimünde wird die heutige Lotseninsel bezeichnet, welche die Schlei von der Ostsee trennt. Schleimünde ist Standort eines Leuchtturms und eines kleinen Nothafens für Sportboote. Sie gehört zum Kreis Schleswig-Flensburg. Die Halbinsel ist 112 Hektar groß und kaum fünf Meter höher als der Wasserspiegel.
Heute haben wir es dann geschafft auf die Insel zu kommen. Das ist nämlich gar nicht so einfach, denn auf die Lotseninsel kommt man ausschließlich über das Wasser. Die Insel, die es tatsächlich noch Ende des 18. Jahrhunderts war, gibt es heute nicht mehr. Mittlerweile ist es durch angelandeten Sand eine Halbinsel geworden, die aber ein Naturschutzgebiet ist und nicht betreten werden darf.
Das Lotsenhaus ist das älteste Gebäude auf der Insel, wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und diente den Lotsen und ihren Familien als Unterkunft. Es ersetzte damals ein älteres Lotsenhaus, das weiter nördlich beim heutigen Pappelwäldchen gestanden hat und durch die Sturmflut von 1872 stark beschädigt worden war.
Im typischen Baustil der Zeit errichtet, erscheint das zweistöckige Gebäude an dieser Stelle etwas hoch geraten. Weil die Lotseninsel nur wenig über den Meeresspiegel herausragt, hat man das Haus samt Kellergeschoß einfach ebenerdig auf den Baugrund gesetzt. Das Erdgeschoss des Lotsenhauses mit seinem dicken Mauerwerk, den Gewölbedecken und den kleinen Fenstern ist also eigentlich der Keller.
Immer neue Schäden machten nach 100 Jahren eine grundlegende Sanierung unaufschiebbar. Im Jahr 2012 wurde das Haus ökologisch modernisiert. Es bietet nun auf über 300 Quadratmetern Schlaf- und Aufenthaltsräume für Seminare und Workshops mit Themen rund um die nachhaltiger Entwicklung.
Seit wann es Lotsen oder Piloten auf der Schlei gab, ist nicht sicher. Vieles spricht dafür, das Ortskundige auf der Schlei wegen des schwierigen Fahrwassers schon seit dem Beginn der Schleischifffahrt vor einigen hundert Jahren erforderlich waren. Denn früh hat es Probleme mit der flachen und zur Versandung neigenden Schleimündung gegeben. Die Schiffer, zumeist in Schiffergesellschaften organisiert, griffen zur Selbsthilfe und ließen sich fortan ein – nicht immer einfach einzutreibendes – „Lastgeld“ für die Durchfahrt bezahlen.
1796 wurde mit der Eröffnung der neuen Schleimündung auch das Lotsenwesen umfassend geregelt. Der Lotse pachtete vom Schleswiger Magistrat gegen eine Jahrespacht die Lotseninsel nebst den dazugehörigen Gebäuden. Auf den benachbarten Wiesen konnte er Pferde, Schafe und Kühe halten, der Garten um das Lotsenhaus herum lieferte Gemüse. Als Pächter war er zuständig für die Unterhaltung der Häuser und Anlagen und hatte Lotsenknechte und Lotsenboote vorzuhalten. Dafür standen ihm die erhobenen Gebühren zu.
Und das war ein durchaus einträgliches Geschäft. So einträglich, dass sich die Schiffer über die Höhe der bei ihnen erhobenen Lotsentgelte beklagten. Das Lotsengeschäft zu Schleimünde ist zu Bedingungen verpachtet worden, „das der Lootse auf Kosten des nach einem sehr nothdürftigen Auskommen jetzt oft vergeblich ringenden Schiffers ein reicher Mann werden müsste.“, klagen die Schleischiffer 1851 bei der Schleswiger Landesherrschaft. Und es war eine verkehrsreiche Zeit: etwa 100 fremde Schiffe liefen damals jährlich die Schlei an, von den 160 einheimischen Frachtseglern sind etwa 1.300 Passagen gezählt.
Schon seit 1980 sind an der Schleimündung keine Lotsen mehr stationiert. Die wenigen Küstenmotorschiffe, die jetzt noch die Schlei befahren und den Kappelner Hafen anlaufen, nehmen den Lotsen bereits am Kieler Leuchtturm an Bord. Das Befahren der Schlei bereitet heute kaum besondere Schwierigkeiten mehr. Während bis 1930 noch schlanke Eschenstämme als Pricken zur Markierung eingesetzt wurden, ist das Fahrwasser heute durchgängig mit Kunststoff-Tonnen gekennzeichnet. Einzige Voraussetzung sind auch heute noch gute Seekarten.